Schon von weitem ist eine menschentraube vor dem eingang zu
erkennen, vor allem weil davor Andre der hexer bis morgens hinter seinem grill
steht. Das es zu dieser uhrzeit nur noch hier bockwurst und grillkäse gibt,
weiss so ziemlich jeder leipziger nachtschwärmer.
Mit dem schritt durch die kleine tür und einen schweren
vorhang betritt der gast eine zeitlose parallelwelt, nicht wissend wann und vor
allem wie er wieder herauskommen wird. Es ist schummrig und stickig und der
überladene kleine raum ist voll mit menschen. Die decke ist abgehangen mit
stoffbahnen aus denen sonnenblumen hervorwachsen und auch die tische haben
blumenformen, während die hocker kleine pilze zu sein scheinen. Alte
pinnball-tische sind in eine wand eingelassen, gegenüber posiert ein
lebensgroßer gemalter jimmy hendrix zwischen zwei nackten schönheiten. Die bar
ist, ähnlich wie der rest des raumes, überfüllt mit kram und ausgefallenen
dekorationen: über der bar blubbern reagenzgläser vor sich hin und quer durch
den raum ist ein seil gespannt an dem ununterbrochen eine kleine kuh hin- und
her gezogen wird.
Einmal nen schönen platz gefunden setzt die akklimatisation
ein und durch das gedämpfte licht der ebenfalls mit stoffen behangenen lampen und
den zigarettenrauch erspäht das auge bemerkenswerte gestalten. Metall-heads und
hippies, vorstädter und verschrobene Hartz IV empfänger. Hier tummelt sich
alles vom student bis zu gescheiterten existenzen und exzentrischen lebemännern
und -frauen in ihren 20ern bis 40ern. Häufig sind, normalerweise selten
aufzufindende, accesoires wie matrosenmützen, hüte und hosenträger auszumachen.
Gerade kommt ein kerl in einer knallroten strumpfhose hereinspaziert.
Auf eine Wand werden per beamer alte musikvideos und
konzertaufnahmen, besonders aus den 60ern und 70ern projiziert. Ununterbrochen
laufen sachen wie led zeppelin, joe cocker oder ac/dc.. eine zeitreise in eine
ära, die mich musikalisch unglaublich prägt und erfüllt. Ist man früher da, gibt’s
auch livemusik auf der kleinen bühne gleich neben dem eingang, oder amok alex
mit seinem amerikanischen slang, veranstaltet ein musik-quiz bei dem auch
schonmal ein schnäppschen gewonnen wird. Allerdings auch in gesellschaft einer
horde musiker, auf kneipentour nach ihrem eigenen gig.
Sitzt man dort mit gepanschter bierplörre bei genialer
musik, einfach teil eines verrückten haufen von menschen, offenbart sich eine vielfalt der stimmungen um
einen herum. Es wird lautstark geschnackt und nebenan bereits selig geschlummert.
ein paar tanzen völlig wild und ausladend während der nächste in sich selbst
versunken, ob eines pete townshend solos glücklich vor sich hinlächelt.
Besonders in den morgenstunden heisst es ,bei nem
männeranteil von 80% oder mehr: auf lustige und verschrobene anmachen gefasst
sein. Wenn sich nicht schon die leute vom nachbartisch zwischendurch auffällig
zu den mädels gesellen, werden spätestens auf dem weg zum klo, auf dem man sich
durch die gesamte menge schlängeln muss, meist nette, manchmal auch konfuse
sprüche gerissen (Wie etwa „bist du krankenschwester?“ oder „besorg der frau
doch mal n bier!“) Zwischendurch landet man noch sandwich-style
zwischen einem tanzenden pärchen und schlüpft hoffend zwischen dartscheibe und ausholendem
dart-spieler hindurch. Ein bischen schön ist es dann schon wenn man auf dem weg
zurück den derb- charmanten blonden
köllner wiedertrifft mit dem es zuvor schon ein pläuschchen vor der tür gab,
und dieser einen an die hand nimmt und einen weg quer durch den überfüllten
laden bahnt.
Unter all den kurzen begegnungen und oft sinnfreien smalltalks gibt’s auch immer mal
echt nette gespräche, etwa wenn man feststellt, dass beide die gleichen dark
jazz und doom bands hören, die sonst NIEMAND auf der welt kennt.
Wahnsinn. Jeglicher sinn für zeit fehlt. es ist schon morgen.
Die magische flowerpower zeit. Diese andere welt, dieses dunkle realitätsferne
loch spuckt einen wieder aus auf die strasse, in den hellichten tag, mit
lachflashes und angesenkten wimpern, blauen flecken oder per taschenmesser gekappten schnürsenkeln. Es ist
neun uhr morgens. Erstmal zum bäcker und schweineöhrchen essen.
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