Dienstag, 25. September 2012

Sarajevo - zwischen orient und okzident

10 Stunden sass ich im zug und sah unzählige kleine bergdörfer vorbeiziehen. hier und dort waren die häuser noch übersäht mit einschusslöchern oder waren völlig ausgebrannt, die meisten bosnier scheinen sich allerdings neue häuser zu bauen, diese aber nie richtig fertigzustellen, denn sobald der putz drauf ist müssen (höhere) steuern gezahlt werden, wie man mir erzählte.
Spätestens als die stimmen der vorbeter von ihren minaretten aus, fremdartig und schön über die landschaft schallen, schulkinder die schienen als ihren heimweg nutzen und mich aus dem kofferraum eines vorbeifahrenden autos eine nervöse ziege anstarrt, wird der wechsel des kulturkreises real.
Als ich im dämmerlicht auf den bahnsteig des kargen, sozialistisch-trostlosen und fast verlassen wirkenden sarajevoer bahnhofs trete durchzuckt mich ein kurzes "Inga, wo bist du denn hier gelandet? und wessen idee war das eigentlich?" :D
Ein paar minuten später stehe ich in der strassenbahn und der halbe wagon kramt für mich spontan in seinen geldbeuteln nach wechselgeld. ich habe natürlich viel zu grosse scheine.

schnell habe ich bleibe in einem urgemütlichen kleinen hostel gefunden. Es sind eigentlich nur zwei grosse wohnungen eines altbaus mitten in der innenstadt. die hostelbetreiber, 2 brüder nicht viel älter als ich, wohnen mit im hostel. die stiefeltern helfen mit, bieten touren durch die stadt an und erzählen vom krieg.
alles hier fühlt sich an wie familie.

abendliche lichtspiele

                               treppenhaus mit trocknender wäsche

        der ort an dem 1914 der, den 1. weltkrieg auslösende, schuss auf franz ferdinand fiel

sarajevo ist eine bunte mischung aus kulturen. die moscheen der bosnier, orthodoxe kirchen der serben, katholische kirchen der croaten und hier und dort eine synagoge tummeln sich genau wie ihre anhänger dicht nebeneinander und prägen an jeder ecke das stadtbild. Sarajevo ist eine erstaunlich junge stadt: die teenager-generation ist unglaublich präsent und technisch und modisch auf dem neuesten stand (zumindest im vergleich zu mir ;-) )
Überhaupt fällt es schwer, sich vorzustellen was hier vor nur 2 jahrzehnten an unsagbaren greueltaten passierte und wie sehr es die nach aussen so lebensfrohen menschen bis heute wohl beschäfftigt. Immer noch lächelnd erzählen mir gleichaltrige von ihren toten eltern und ihrer kindheit bei pflegefamilien in england oder schweden...

Sprachlich war es in der gesamten region, besonders aber in bosnien herzegowina, ein lustiges kauderwelsch und oft wurde in bröckeligem deutsch geantwortet noch bevor zu erkennen war, wass ich deutsche bin.auch an einigen schlidern wurde ersichtlich, hier werden irgendwie alle fremdsprachen in einen topf geworfen. (aber nicht falsch verstehen, ich traf auch nicht wenige die gleich mehrere fremdsprachen fliessend beherrschten)


meist zog ich allein durch die gemütlichen gassen der stadt, verschnackte regnerische stunden mit neuseeländern, engländern und den hostelpapas und zog des nachts mit einem brasilianischen filmemacher, der grad von einem filmfestival in brüssel kam, durch die kneipen.

Nun bin ich in budapest in 'meiner' alten wohnung, welche ich genialerweise immer noch nutzen kann, und werde noch eine woche allein und ab mittwoch mit freund meine erasmus-stadt geniessen, bevor umgezogen und weiterstudiert wird.

fazit: alleine als frau reisen funktioniert sehr gut, wenn man wach und vorbereitet ist. ich habe nichts verloren, mir wurde nichts geklaut und ich wurde nicht ein einiziges mal blöd angemacht! erst hier in budapest, in meiner 'hood', pöbelte mich ein rechter ungar an, da er wohl von den haaren auf meine politische gesinnung schloss.. deppen gibt es überall! :-)


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