Sonntag, 27. November 2011

eine bachelorarbeit über ein etwas anderes leben

offene haustüren, bröckelnder putz, sofas im treppenhaus, farben aus einer anderen zeit, es riecht nacht holz und kohle und kuscheliger ofenwärme, schlüssel werden an kleinen fallschirmen aus dem fenster geworfen...und die menschen haben noch zeit. für einen tee, eine wohnungsführung, einen kuchen, eine zigarette,ein interview mit einer studentin, die ganz plötzlich vor ihrer tür steht!
Inga ist auf tour um unsanierte häuser und deren bewohner aufzuspüren und für ihre bachelorarbeit zu befragen. Das thema lautet "Wohnen im unsanierten und teilsanierten Baubestand in Leipzig - notwendiges Übel oder bewusst gewählter Lebensstil?"
Denn es gibt sie tatsächlich noch, die menschen die täglich Kohle und Holz aus dem keller heraufschleppen, zur toilette aus der wohnung heraus ins treppenhaus müssen und ihre badewanne oder dusche in der küche stehen haben.
man kann sich schon vorstellen das dies oft sehr abgefahrene und inspirierende gestalten sind! nicht selten saß ich malern, schauspielern, musikern und lebenskünstlern gegenüber die mich so faszinierten, das ich gerne ein bisschen länger blieb.. aber auch die rentner, die jungen schleußiger hipster- familien und chaoten-wgs, alle hatten ihre geschichten zu erzählen, und wenn nich sie dann auf jedenfall ihre wohnungen. oft in eigenarbeit saniert und kreativ gestaltet oder einfach nur charmant heruntergekommen. was für ein privileg einfach in anderer leute leben schauen zu dürfen! und erstaunlich wie offen die meisten menschen waren vor deren tür ich einfach auftauchte.
gestern habe ich das letzte (das 55ste) interview geführt, und dieses hat nochmal einiges getoppt. ich war nicht nur stunden dort, sondern habe auch noch ne kiste mit schönen und nützlichen haushaltsgegenständen mitnehmen dürfen, und gelernt: ein leben in dem tauschhandel und nächstenliebe radikal praktiziert werden ist auch in unserer kapitalistischen gesellschaft durchaus möglich!!
und mit all diesen schönen eindrücken und bildern der wohnungen vor augen überkommt mich ein gefühl der reue, der verpassten chancen. denn in welcher deutschen stadt kann man noch so gut unsaniert und ursprünglich in echten hausgemeinschaften leben.. für 2, 20 pro m²..!!? und ich bin schon über 4 jahre hier und habe meine chance nicht genutzt.
der wandel verläuft immer rapider. ein haus nach dem anderen wird totsaniert ( allein um mein haus herum werden grad 3 leerstehende nachbarhäuser saniert) und bald wird es auch in leipzig alternative lebensformen wie diese kaum noch geben! das es für solche immobilien durchaus eine nachfrage auf dem markt gibt, scheint viele eigentümer nicht zu kümmern.. mal wieder regiert das geld und nicht das wohlbefinden der jeweiligen mieter!
im folgenden ein paar bilder die leider kaum die wirkliche atmosphäre und die vergessenen farben widerzuspiegeln vermögen.












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